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Arrivage 2023: Große Gewächse & Smaragde

»In der Spitze brillant« schreibt Sascha Speicher im Meininger Sommelier über den 2022er Jahrgang - dieser Aussage schließen wir uns gerne an. Denn die besten Weine dieses herausfordernden Jahrgangs sind wahrlich fantastisch und übertreffen teilweise sogar den genialen Jahrgang 2021.

Bei Saschas Statement schwingt aber auch die Aussage mit, das nicht alles Gold ist, was GG im Namen trägt. So schwankt die Qualität in manchen Regionen so stark, dass die Spitze kilometerweit vom restlichen Feld entfernt ist. Hier zeigt sich, wie herausfordernd der heiße und trockene Jahrgang war. Neben den richtigen Lagen brauchte es auch viel Fingerspitzengefühl, um Trockenstress zu vermeiden und balancierte, tiefgründige Wein zu erzeugen. Auf sandigen Böden sind die Weine in 2022 oft unpräzise und opulent geraten, da waren steinige und karge Lagen ganz klar im Vorteil.

Die großen Gewächse von Bürklin-Wolf, Wittmann, Huber und der Rothenberg von Kühling-Gillot erscheinen im Frühjahr 2024 und können in der 2. Runde unserer Subskription ab Ende September 2023 vorbestellt werden.
Im Jahrgang 2022 ist die Nahe nicht zu schlagen und präsentiert sich durchwegs grandios: die Serien von Dönnhoff, Schäfer-Fröhlich, Gut Hermannsberg und Emrich-Schönleber sind nicht weniger als genial. Dank der kargen Böden in den Top-Lagen der Nahe behielten die Weine ihre in diesem Jahr anderswo oft schmerzlich vermisste Struktur. Manche Weine wirken angesichts der Witterung gar überraschend karg und brillieren mit Frische und Leichtigkeit. Als Region erreicht die Nahe geschlossen das höchste Niveau aller deutschen Anbaugebiete und leistet sich keine Ausreißer. 

Die Pfalz zeigt sich dagegen etwas launischer und unausgewogen in Sachen Qualität und Stilistik. Natürlich liefert der Platzhirsch Bürklin-Wolf und erhält für seine ultra-filigrane Serie verdientermaßen gute Bewertungen. Damit steht das Weingut an der Mittelhardt aber leider allein auf weiter Flur, das Qualitätsgefälle ist geradezu schockierend Also schnell in die Nordpfalz, denn auf dem Kalkboden hier oben wachsen meist die spannendsten Weine der Region. Zum Glück zeigen auch in diesem Jahr Rings und Kuhn wie es geht - und machen den Saumagen langsam aber sicher zur besten Lage der Region. Ganz im Süden gibt es mit Christmann und Rebholz eine weitere Insel mit spannenden Weinen. 

An der Mosel ist das Bild ebenfalls heterogen, allerdings konträr zum Vorjahr: in 2022 sind Saar und Ruwer ganz klar im Vorteil, während gerade die Mittelmosel vor allem durch zu viel Restzucker hervorsticht. An der Saar zeigt Van Volxem eine reife und mineralische Serie, die im Pergentsknopp eine tolle Spitze hat und der nur Geltz-Zilliken nahe kommt. Die beeindruckendste Serie der gesamten Mosel hat allerdings das Weingut Maximin Grünhaus gezaubert, hier passt einfach alles: filigran, hell und animierend, mit einer kargen und vibrierenden Mineralik. Nach dem etwas schwierigen 2021er Jahrgang ein geniales Comeback. 

In Rheinhessen steht Philipp Wittmann ganz oben, was an sich nicht sonderlich überrascht - der Abstand zu den Kollegen allerdings schon. Wir glauben, dass Philipp in 2022 seine bisher beste Kollektion erzeugt hat. Schon seine "Einstiegs-Lage" Aulerde lässt fast die gesamte Region hinter sich und der Morstein könnte kaum besser sein. Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass auch Tobias Knewitz große Rieslinge in die Flasche gebracht hat, die an puristischer Mineralik kaum zu übertreffen sind. Eine wunderbare Überraschung war das Weingut Gunderloch, das vielleicht noch nie so viel Druck und Tiefe gezeigt hat. Die Weine von Battenfeld-Spanier und Kühling-Gillot sind noch von der sehr langen Gärphase beeinflusst und noch nicht in Form - die Anlagen sind aber da, um Großes zu zeigen.

Bei den Spätburgundern steht uns mit dem Jahrgang 2021 eines der schwierigsten Jahre seit Langem ins Haus. Die sensible Rebsorte hatte mit der niederschlagsreichen Witterung schwer zu kämpfen und bei winzigen Erträgen musste auch noch penibelst aussortiert werden. Im Glas hat uns daran erstaunlich wenig erinnert - man vergisst fast, wie schwierig das Jahr war. Denn die besten Spätburgunder-Serien brillieren mit bemerkenswerter Eleganz und Feinheit, mit heller Frucht, karger Struktur und filigranem Gerbstoff. Ganz vorne mit einer unfassbar guten Serie steht mal wieder Julian Huber. Sein Talent ist schon fast beängstigend, die winzigen Mengen sind es aber leider auch. Knapp dahinter findet man die Familie Rings, vor allem mit ihrem Saumagen. Es gibt wohl keine andere Lage in Deutschland, die weiß und rot so gut kann. Fürst ist wie immer eine Bank, zeigt sich aber deutlicher kerniger und zupackender als sonst, das ist etwas für den Keller. Apropos Keller: Friedrich zeigt eine spannungsgeladene Kollektion mit karger Struktur und dunkler Würze, der Kirchberg beeindruckt schwer, der Steinriese zeigt neue Höhen. Die jetzt erwarteten sprichwörtlichen Tiefen finden sich im Rheingau, das auf ganzer Linie enttäuscht. Dagegen fanden wir in allen anderen Regionen auch erfreuliche Erlebnisse wie Gutzler in Rheinhessen, Stodden an der Ahr oder Aldinger in Württemberg. Einige Weingüter bringen ihre Spätburgunder wie immer etwas später in den Verkauf, bei Becker und Knipser sind jetzt die 2019er an der Reihe. Becker zeigt sich wie immer kompakt und konzentriert, bringt aber in diesem Jahr in einer durchwegs hervorragenden Serie ungeahnte Eleganz und Feinheit mit. Bei Knipser ist der Stil kraftvoll, reif und deutlich vom Holzfass geprägt, die Röstaromatik gehört zu den Weinen und gibt ihnen viel Intensität.