Das Appellationssystem – logisch aber komplex
Sämtliche Qualitätspyramiden bestehend aus Guts-, Ort- und Lagenweinen wie wir sie heute kennen, sei es vom VDP oder dem Steirischen Verband STK, berufen sich auf den Grundgedanken der Burgund-Klassifizierung. Diese mag mit 84 Appellationen, über 500 Premier Crus und 34 Grand Crus am Anfang zwar sehr verwirrend wirken, die hierarchische und (im Gegensatz zum Bordeaux auch einheitlich gültige) Einteilung in nur vier Stufen (régional, village, Premier Cru, Grand Cru) aber ist eigentlich gar nicht so kompliziert wie es scheint. Dass so viele verschiedene Lagen peinlichst diffizil unterschieden werden, liegt an der enormen Boden- und Mikroklimavielfalt des Burgunds. Ein Extrembeispiel ist sicherlich Nuits-Saint-Georges, wo sich die Bodenstruktur auf kleinstem Raum direkt nebeneinanderliegender Parzellen so stark unterscheidet, dass auf 152 Hektar Rebfläche stolze 40 Premier Crus kommen.Alles auf Chardonnay und Pinot Noir
Was die Sache aber wiederum ganz klar vereinfacht ist, dass man ohne großes Auswendiglernen sofort weiß, was man im Glas hat wenn man Bourgogne trinkt. Weiß ist immer reinsortiger Chardonnay und Rot immer Pinot Noir. Diese beiden Sorten passen einfach absolut perfekt zum Terroir. Ausnahmen gibt es außer Aligoté und Gamay so gut wie keine, und wenn, so werden diese namentlich auf dem Etikett erwähnt. Auf gerade mal 2% der 40.000 Hektar großen Anbaufläche Burgunds kann man auch Pinot Blanc, Pinot Gris, Pinot Madeleine, Melon de Bourgogne oder Sauvignon Blanc finden und auch wenn diese Rebsorten hier sicherlich nicht tonangebend sind, so lohnt es sich dennoch zuzugreifen, wenn sich die Gelegenheit einmal bietet und man eine solche Flasche entdeckt.Die Regionen
Das Burgund erstreckt sich im Osten Frankreichs von Dijon bis Lyon. Dieser Landstrich teilt sich in die Gebiete Côte d'Ôr (ihrerseits wieder unterteilt in die Côte de Nuits und die Côte de Beaune), die Côte Chalonnaise, das Mâconnais und südlich daran angrenzend das Beaujolais, das offiziell zwar zur Weinbauregion Burgund zählt, sich aber stilistisch sowie klimatisch so stark vom Rest Burgunds abhebt, dass wir es als eigene Region aufführen und beschreiben. Und dann gibt es etwas abgeschlagen davon in nordwestlicher Richtung noch die für ihre steinigen, mineralischen Chardonnays bekannte Region Chablis.Das nördliche Burgund
Wirft man einen Blick auf die Landkarte so sieht man, dass das Chablis geographisch viel näher an der Champagne liegt als am Burgund, allerdings konzentriert man sich hier gänzlich auf Stillweine. Bevor die Reblaus ihr Unheil verrichtete, bildete die Region mit damals 40.000 ha Rebfläche zusammen mit dem benachbarten Gebiet um die Stadt Auxerre das größte zusammenhängende Weinbaugebiet Frankreichs. Nachdem die Winzer hier Winter für Winter mit starkem Frost zu kämpfen hatten, waren die Weine aus Chablis und Auxerre dann nahezu Geschichte. Heute stehen immerhin wieder rund 4.500 Hektar unter Reben, allen voran unter Chardonnay. Aber auch Aligoté, Pinot Noir und die farbintensivere, tanninreichere César gedeihen hier auf einem Kalk-Ton-Gemisch namens Kimmeridge. Dieser hellgräuliche Bodentyp, der maßgeblich aus einem Brei prähistorischer Austernschalen besteht, erbringt Weine mit Strahlkraft und Präsenz, ausgeprägter Mineralität und der eben Chablis-typischen Feuersteinnote.
Noch wird der kühlere Norden immer etwas stiefmütterlich behandelt wenn es ums ruhmreiche Burgund geht. Aber auch am Burgund zieht der Klimawandel nicht spurlos vorbei, und so ist es vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis so manche Randlage stärker in den Fokus rückt und der ein oder anderen in der Sonne brutzelnden Premier-Cru-Lage den Rang abläuft.