Martin Zieglmeier: Wilder Typ mit klassischem Gaumen

Der Zieglmeier ist nicht nur ein wilder Hund, in der Münchner Gastroszene ist er auch bekannt wie ein bunter. Wenn Martin nicht gerade als Sommelier im Hoiz Weinbistro reichlich Wein unters Volk bringt, ist er eigentlich immer unterwegs, um die kulinarischen Hotspots der Stadt zu erkunden. Genauso gerne redet er über Wein. Und Essen. Das tut er mit einer nahezu unermüdlichen Leidenschaft, immer sehr „anschaulich“ und auch mal stundenlang.
Martin rennt keinen neuen Trends hinterher, sondern bevorzugt klassische Weine alter Schule: gerne darf es ein gereifter Bordeaux, etwas Opulenteres aus Südfrankreich oder ein restsüßer Riesling von Mosel, Saar oder Ruwer sein. Obwohl die Mosel seine große Liebe ist hat sich Martin – für uns überraschend – Weine aus Franken und Baden für seine Empfehlung ausgesucht. Viel Spaß beim Lesen seiner unterhaltsamen Beschreibungen!

Paul Fürst – Müller-Thurgau »pur mineral« 2018
»Ich habe so unterschätzte Trauben besonders gerne, vor allem wenn sie sind wie der Müller-Thurgau von Sebastian und Paul Fürst. Es gibt viel Müller-Thurgau von großen Winzern, wie zum Beispiel: Julian Huber, Enderle & Moll, Tiefenbrunner und wie sie alle sonst noch heißen. Wenn diese „Müller-Weine“ sozusagen das Spaßbad der Weinwelt sind, ist der Müller von Paul & Sebastian Surfen im Tsunami. Bei diesem Wein fallen mir unheimlich viele Schaubilder ein. Wenn man dann den ersten Schluck hinter sich hat, denkt man erst einmal „Was zur Hölle war das denn?“.
Dieser Wein ist absolute Reizüberflutung, Frucht, Körper, Säure und er knallt einem das erbarmungslos um die Ohren BUM, BANG, POW. In dem Moment, an dem man glaubt, es wird zu viel kommt die straffe Säure und räumt richtig auf. Trotz dieser brutalen Frucht und diesem überraschenden Körper ist das Ding einfach karg und salzig, dass es kracht. Surfen im Tsunami, ich meine das schon so wie ich es gesagt habe. Aber all das Reden bringt ja niemandem was, also solltet ihr das Ding einfach in den Einkaufswagen legen. 
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Franz Keller – Spätburgunder Enselberg GG 2017
»Spätburgunder aus Deutschland, hat bei weitem noch nicht das Renommee wie seine Verwandten aus dem Burgund. Schade eigentlich, da Spätburgunder absolute Weinbomben sind. Ich könnte aus dem Aufzählen gar nicht mehr rauskommen. Aber der Chris meinte ich soll mich konzentrieren also „LET`S GO!“
Ich habe Friedrich Keller 2013 kennengelernt und darf seine Entwicklung seitdem begleiten. Jedes Jahr erschließt sich für mich eine neue Spätburgunder-Welt. Jeder Jahrgang ist anders, das ist schon richtig. Nur schafft es Friedrich, mich jedes Jahr aufs Neue zu begeistern und zu fordern mit seinen Spätburgundern. Der Enselberg gefällt mir da als ungeduldiger Mensch besonders gut, er ist immer der zugänglichste und spaßigste von seinen G.G.`s. Das Ding reißt du auf und er beschenkt dich reich und da rede ich nicht von der Frucht. Rotwein lebt durch seine Leistung im Mund und da greift meine Aussage von vorher.
Der 2017 Spätburgunder Enselberg kommt mächtig und kraftvoll vorne rein und macht sich bemerkbar, trotz diesem Entree reden wir hier immer noch von Friedrich Keller Weinen. Niemals wird dieser Wein belanglos oder zu fett, sondern er präsentiert sich super schlank. Dabei zeigt er stolz sein Tannin, da es sich jedem Gaumen perfekt anpasst und dabei die Zunge streichelt. Dabei fällt die Spannung nicht ab, kurz bevor man in Trance fällt durch diesen formvollendeten Körper, drückt es einen in den Stuhl durch diese freche und lebendige Säure und man will uuuunbedingt einen zweiten Schluck und noch einen und noch einen und dann ist die Flasche leer. 
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