Österreichische Weingeschichte

Das burgenländische Zagersdorf im Bezirk Eisenstadt kann für sich in Anspruch nehmen, das möglicherweise älteste Weindorf Österreichs zu sein (Natürlich wird ständig weitergeforscht und weitere noch ältere Funde z.B. bei Stillfried im Weinviertel bestätigen die Möglichkeit, dass bereits in der Spätbronzezeit Wein bereitet wurde). Denn in einem Grabhügel aus der Hallstattzeit, etwa um 700 v. Chr. angelegt, wurden Traubenkerne entdeckt, die eindeutig der Kulturrebe vitis vinifera zugeordnet werden konnten. Es gilt als sicher, dass die Volksgruppe der Kelten, die damals und noch Jahrhunderte später unter anderem diesen Raum und die heutige Südsteiermark besiedelte, bereits wusste, das man Trauben nicht nur zum Essen verwerten kann.

Die Römerzeit

Weingeschichte Österreich - Die RömerzeitMit den Römern kamen 15 v. Chr. Innovationen im Weinbau – und eine Nachfrage wie nie zuvor. Sowohl die Garnisonen entlang der Grenze der neuen Provinz Noricum in den Ostalpen als auch die neu aufblühenden Städte wie Carnuntum mit 70.000 Einwohnern und Vindobona, das heutige Wien, verlangten nach Wein. Becher, Trinkschalen, Krüge und Flaschen und sogar die Reste einer Weinpresse aus jener Zeit wurden von Archäologen zutage gefördert.

In den Wirren der Völkerwanderung und auch innerlich geschwächt, gaben die Römer gegen Ende des 5. Jahrhunderts n. Chr. Noricum auf (es fiel später an die Franken, dann an die Slawen und Awaren). In dieser unruhigen, langwährenden Phase der Völkerwanderung kam der Weinbau fast zum Stillstand, starb aber nicht gänzlich aus.

Mittelalter

Erst Karl der Große (742- 814), der über ein Gebiet von Friesland bis Ungarn gebot, konnte die politische Situation konsolidieren und auch den Wein in seiner Ostmark wieder beleben. Reisende Experten (eine frühe Form der „Flying Winemakers“) brachten Weinwissen und neue Reben. Ihm und dem berühmten Traktat „Capitulare de villis“ ist es zu verdanken, dass nicht nur die Traubenpresse eingeführt, sondern die Rebsorten neu klassifiziert wurden: Was als gut erachtet wurde, erhielt den Namen „fränkisch“ und der Blaufränkisch wird in Österreich noch heute angebaut.

Frühe Neuzeit

In der Folge gingen bedeutende Impulse von der Kirche aus. Während im Westen des Landes, von Salzburg, Kärnten und Tirol bis in die Wachau, bayrische Klöster und Bischöfe ihren Einfluss geltend machten und Weingärten überall pflanzten, wo Trauben gedeihen konnten, waren es im Burgenland Zisterziensermönche aus dem Burgund, die neue Ideen und neue Rebsorten verbreiteten. Der Weinbau dürfte damals eine Größenordnung von einigen 100.000 Hektar gehabt haben.

Schon vor Jahrhunderten wurde österreichischer Wein bis in den baltischen Raum exportiert. Mit dem Handel kamen Wohlstand und Qualitätsbewusstsein. Die Stadt Rust am Neusiedlersee wurde zu einem wichtigen Zentrum für edelsüße Weine. Zum Teil war er bereits qualitätsorientiert, wie die wohl erste offizielle Trockenbeerenauslese der Welt verdeutlicht. Gelesen wurde sie „im Gebirge von Donnerskirchen“ im Jahr 1526 – so die Inschrift in einem alten Faßboden. Eine Familie Gruber machte die Arbeit, Nutznießer aber war – wie vielfach in dieser Zeit – der Adel, dem die Weingärten meist gehörten. Urkundlich ließ sich der bemerkenswerte Süßwein bis ins Jahr 1852 verfolgen, denn in diesem Jahr, immerhin 326 Jahre später, wurde – mit entsprechender Ehrfurcht – das letzte Glas dieses historischen Süßweines getrunken.

17. Jahrhundert

Das 17. Jahrhundert war keine gute Zeit für die Weine Europas. Das Aufkommen des Bieres, steigende Zölle und die Folgen des Dreißigjährigen Krieges hatten zur Folge, dass viele Weingärten aufgelassen wurden. Die Steuern zu jener Zeit, besonders hoch, um leere Staatskassen zu füllen, wurden sinnigerweise auch „Ungeld“ genannt. Als sich gerade eine Besserung der Situation abzuzeichnen schien, fielen 1683 die ottomanischen Armeen in den Osten Österreichs ein, um Wien zu belagern.

18. Jahrhundert

Weingeschichte Österreich - Das 18. JahrhundertIm 18. Jahrhundert schafften zwei außergewöhnliche Herrscher endlich Abhilfe. Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) vereinheitlichte die Besteuerung und half, den Weinbau in ihrem Reich wieder aufzubauen. Unter der Regierung ihres Sohnes Kaiser Josef II. wurde 1784 ein Dekret erlassen, das dem sonst zu Unrecht wenig beliebten Herrscher einige Anerkennung verschaffte und eine österreichische Institution schuf oder doch legalisierte. Das Gesetz erlaubte Bauern, die eigene „Fechsung“, die hofeigenen Produkte wie Brot, Käse und natürlich auch Wein im eigenen Haus zu verkaufen und zahlenden Gästen zu servieren. Der Heurige war geboren.

19. Jahrhundert

Nach einer Zeit der Blüte folgte die größte Katastrophe, die der europäische Weinbau je erlebt hat. Ein Kälteeinbruch im 19. Jahrhundert, die aus Amerika eingeschleppten Pilzkrankheiten (OidiumPeronospora) sowie die sich gegen Ende des Jahrhunderts explosionsartig verbreitende Reblauskatastrophe verwüsteten ganze Weinbaugebiete. Der erste Direktor der Weinbauschule Klosterneuburg führte allerdings eine wirksame Methode zur Bekämpfung der Reblaus ein.

Noch im selben Jahrhundert wurden in den Weinbauzentren Österreichs Weinbauschulen (Klosterneuburg 1860, Krems 1874, Retz 1893, Silberberg 1895, Gumpoldskirchen 1898, Mistelbach 1898) gegründet, die einen wichtigen Schritt in Richtung Qualitätsverbesserung und Existenzsicherung bewirkten.Hier konnte erstmals auch die theoretische Seite des Weinbauernhandwerks erlernt werden, während Forschungsprojekte sich mit der Züchtung neuer Rebsorten und der Optimierung der Arbeit in Weingarten und Keller beschäftigten.

20. Jahrhundert

Für den Weinbau war die Zeit um den Zweiten Weltkrieg insofern bedeutend, als das deutsche Weingesetz mit seinen Klassifizierungen auch in Österreich eingeführt wurde und während der Besatzungszeit die Altweinbestände größtenteils geleert oder zerstört wurden, ein Echo von Napoleons Armee, die Österreichs Keller schon einmal leer getrunken hatte. Im Geiste des Wiederaufbaus während der Nachkriegszeit wurden vor allem die alten Strukturen des Weinbaus durch Rationalisierung und Mechanisierung geändert. Die Umstellung auf Hochkulturen (Lenz Moser) ermöglichte den Einsatz moderner Geräte und die Steigerung der Produktivität.

Weingeschichte Österreich - Das 20. JahrhundertDie jüngste Geschichte des Weinbaues ist durch einen zweifachen Neuansatz gezeichnet: Von offizieller Seite ist ein gezieltes Streben nach höchsten Qualitäten auch gesetzlich verstärkt verankert worden, während eine neue, international orientierte und weit gereiste Generation von Winzern sich oft eigene, noch strengere Bestimmungen auferlegt, um internationale Spitzenweine zu produzieren.
Auch Österreichs EU-Beitritt hat hier seine Wichtigkeit: Die Öffnung der Märkte hat sich positiv auf Export und damit auf den Ehrgeiz der Winzer ausgewirkt. Diese Faktoren zusammen sind mit ein Grund des österreichischen Weinwunders, das aus einer langen und starken Tradition neue und erstaunliche Weine hat wachsen lassen. Der leistungsfähige, genau kontrollierte Weinbau erbringt heute qualitativ höchstwertige und international anerkannte Weine.

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