Wir verkosten naturgemäß sehr viele Weine und diskutieren über Qualität, Größe und Potenzial. Aber welche Weine nehmen wir zum Feierabend mit nach Hause, um ein paar Gläser zu genießen? Unsere Favoriten des Jahres sind die Weine, die uns im vergangenen Jahr besonders berührt, nachhaltig beeindruckt oder uns ganz einfach am meisten Spaß gemacht haben. Hoffentlich machen Sie Ihnen genauso viel Spaß!
Gerhards Favorit des Jahres:
Chardonnay Leithaberg 2014 – Gernot Heinrich, Burgenland
Selten hat mich ein Wein so restlos überzeugt wie der 2014er Chardonnay von Heike und Gernot Heinrich! Er hat seine Zeit für die Entwicklung gebraucht, war er Anfangs doch sehr karg und reduktiv – jetzt kommt er aber locker mit großen Weinen aus dem Jura mit, eine Bestätigung was die wilden und mutigen Winzer aus Österreich so drauf haben! In der Nase Fenchel, Feuerstein, Erdnüsse, Popcorn, leichte exotische Nuancen nach Papaya und Mandarinenzeste. Am Gaumen eine magere Textur (das Jahr 2014 gut wiedergebend), tolle Mineralik mit salzigem Nachklang, dezente Reduktion, fast bizelige Säure, gelbfleischige Frucht mit Wiesenkräuter, intensiv und doch harmonisch, sehr gute Struktur, toller Druck und ein fantastisches Finish, bleibt ewig lang. Ein geniales Preis-Genussverhältnis, also haben wir davon noch einige Flaschen beim Weingut für Sie reserviert!
Nicoles Favorit des Jahres:
Welschriesling Veitlhansl 2018 – Tement, Steiermark
Mein Herz schlägt für Welschriesling. Nicht nur, weil ich damit groß geworden bin, sondern weil ich das unterschätze Potenzial dieser Rebsorte sehr spannend finde. Zum Glück habe ich das ein oder andere Welschriesling Highlight im Jahr 2020 erleben dürfen, aber besonders in Erinnerung geblieben und deswegen auch mein Favorit des Jahres 2020 ist der 2018er Welschriesling Ried Ottenberg Veitlhansl vom Weingut Tement. Filigran, zart und elegant, absolut präzise Mineralität und ein enormer Trinkfluss, so dass die Flasche nicht lange überlebt hat. Und genau so soll Welschriesling auch sein – unkompliziert und mit großem Trinkvergnügen, aber natürlich nicht langweilig. Vergeblich sucht man die Frucht, aber die gehört meiner Meinung auch nicht dazu, dafür sorgen viel Grip und Salzigkeit für eine komplexe Textur. Zu jedem Anlass und Tageszeit empfehlenswert, jedoch für den legendären Spritzer zu schade.
Chris‘ Favorit des Jahres:
Sand & Kiesel 2018 – Weingut Rings, Pfalz
Beim letzten Besuch am Weingut Rings haben wir über unterschätzte Rebsorten diskutiert – mein Faible für Underdogs wie Müller-Thurgau, Welschriesling und Co. kennt die Familie Rings bereits. Wenig später hatte ich den Sand & Kalk im Glas, von Andy Rings verdeckt eingeschenkt, und meine Einschätzung zu Wein und Preis war gefragt. Schon mit der ersten Nase war ich begeistert: leichte Wildheit, dunkle und kühle Frucht, dazu noch Leichtigkeit sowie Frische, sanfter Grip und viel Saft, ernsthaft aber auch mit Trinkfreude und Komplexität.
Ich dachte an Cabernet Franc, vielleicht im Zusammenspiel mit anderen internationalen Sorten, der bestimmt über 20 € kosten würde. Also habe ich sofort angefangen zu meckern, warum sowas nicht aus einheimischen Sorten möglich ist: ein ehrlicher und geradliniger Wein mit bäuerlichem Charme, am besten um die 15 €. Da hat Andy angefangen zu lachen: »Du Eimer, ist 100% Portugieser!«
Alex‘ Favorit des Jahres:
Riesling Mineral 2019 – Emrich-Schönleber, Nahe
Mein Favorit ist nach den „trüben“ Empfehlungen der letzten Jahre mal wieder ein klassischer Wein geworden. Der Riesling Mineral von Emrich-Schönleber stammt von jungen Reben aus dem Monzinger Auf der Ley, dem Filetstück des Halenbergs. Der Mineral ist also quasi der kleine Bruder eben diesen GGs und der Name ist Programm: schon in der Nase kündigt sich eine dezent rauchige Mineralik an, gepaart mit reifer Frucht von weißem Pfirsich mit einem leichten Ananas-Touch. Am Gaumen setzt sich diese Frucht reif und schmelzig mit leichten Zitrusnoten fort, wird aber von der einnehmenden, leicht phenolischen Struktur und einer dezent salzigen Mineralik dominiert, die lange am Gaumen bleibt. Noch länger bleibt allerdings eine einfach geile Pfirsichschalen-Struktur. Ungefähr so lange, bis man endlich nachgibt und den nächsten Schluck nimmt. Das ist relativ großes Riesling-Kino für relativ kleines Geld.
Nicos Favorit des Jahres:
Blaufränkisch Hochäcker 2017 – Franz Weninger, Burgenland
Der Blaufränkisch Hochäcker 2017 gehört bei mir quasi schon zur Hausapotheke und ist deshalb auch mein Favorit des Jahres. Franz Weninger ist sicherlich einer der talentiertesten und fortschrittlichsten Winzer des Burgenlandes und das schmeckt man schon im Einstieg. Fein, filigran, mit einer Frische und Komplexität, die mich jedes Mal wieder begeistert. Der Hochäcker ist für mich der unangefochtene Alleskönner, egal ob solo oder zur Jausn. Unfassbar ist die Leichtigkeit, die dieser Wein ausstrahlt. In der Nase zu Beginn Waldbeere, Weichsel und einen Hauch Eukalyptus, mit Luft gewinnt er, wird komplexer, Würze, Tabak, Blut, fast schon fleischig. Am Gaumen dicht, aber nicht opulent, mit einer feinen Säure, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, wieder Aromen von Walderdbeere, Weichsel und Tabak. Das mürbe Tannin unterstützt die Struktur des Weins, hemmt aber zu keinem Zeitpunkt den Trinkfluss. Ungeschönt, unfiltriert und ohne Abstriche an der Qualität, hier bekommt man viel Wein fürs Geld!
Interessanter Beitrag über eure Wein-Favoriten. Die unterschiedlichen Geruchsnoten sind wirklich spannend. Welche Weine standen denn alle zur Auswahl?