Spontaneous Fermentation

Beim Macvin handelt es sich um eine Spezialität des Jura, die meistens aus der Sorte Savagnin hergestellt wird, nämlich um einen mit Marc du Jura versetzten Likörwein. Wobei es sich eigentlich nicht um Wein handelt, denn es wird kein vergorener Wein, sondern Traubenmost mit dem Weinbrand gemischt und auf einen Alkoholgehalt von etwa 17 % Vol. eingestellt. So kann der Traubenmost nicht mehr Gären und bringt die Süße und viel Frische Frucht in den Macvin.

Beim Savagnin In-Fusion 2020 von Domaine Villet hatte Nathanaël Villet mit Gärproblemen zu kämpfen und sich mit der Maische aus 2021 beholfen, um die Gärung wieder in Gang zu bringen. Ausgebaut wird bei Villet alles auf der Vollhefe im großen gebrauchten Holzfass, um die zarte Cremigkeit zu betonen. Die ist auch beim In-Fusion zu spüren, ohne dass Frische auf der Strecke bleibt. Kühle Nase mit wenig Frucht, wenn überhaupt etwas Pink Grapefruit und Salzzitrone, eher vegetabil und kräuterig mit Brennnessel, Liebstöckel und einem Anflug Bienenwachs. Am Gaumen schön griffig wegen des relativ hohen Gerbstoffgehalts und der zitrischen Säure. Animierende Frische und getreidige Fülle halten sich die Waage und machen den In-Fusion zu einem tiptop Speisenbegleiter. [AS 05/2024]

Beim Savagnin Ouillé kommt etwa 50% des Weins in kleine gebrauchte Eichenfässer, der Rest reift in Edelstahltanks. Unter Ouillé versteht man das Auffüllen der Fässer, was im Jura nicht unbedingt gängige Praxis ist und ganz im Gegensatz zum Jura-Klassiker Vin Jaune steht. Dadurch versucht man einen oxidativen Charakter zu vermeiden und einen frischeren Weinstil zu bewahren. In der Nase zeigt der Wein viel gelbe Frucht, mürben Apfel, Birnenkompott, Quitte und weißen Pfeffer. Daneben deutlich nussige Aromen und viel kühle Kräuterwürze. Auch hier ist die Veränderung mit Luft wieder schön zu beobachten. Am Gaumen wirkt der Wein auf der einen Seite recht offen, reif und opulent, auf der anderen Seite hat er noch etwas Babyspeck auf den Hüften, der aber durch einen kalkigen Nachhall ausgeglichen wird. Die Savagnin-typische Säure macht ihren Standpunkt deutlich und liefert neben dem wärmenden Gefühl, das der Wein hinterlässt, ein spannendes Gegengewicht. Am besten noch ein bis zwei Jahre in den Keller legen. [AS 11/2023]

Der Skin-Contact "Feel Good" ist Frédéric Cossards maischevergorener Weißwein, die Savagnin-Trauben dafür stammen aus dem Jura, verarbeitet wird aber in seiner Kellerei im Burgund. 9 Monate liegt der Most auf den Schalen, bis er dann nach der Gärung und anschließender Pressung abgezogen wird. Im Glas ist das ziemlich hefetrüb, definitiv unfiltriert und mit anspruchsvoller Nase, die zunächst an Rinder-Bouillon und Austern erinnert, mit ordentlichem Schwenken aber immer duftiger und animierender wird. Tropfenfrucht, Mirabelle, Quitte, mürber Apfel ziehen nach, am Gaumen mit fast schon sämiger Textur, üppigem Tannin, was in viel Grip mündet. Ein bisschen weckt der Skin-Contact Erinnerungen an Apfel-Birnen-Most, nur mit weniger Frucht und salzig-steinig anmutendem Charakter. Ein lebhafter Orangewein für Fortgeschrittene. [AS 05/2024]

Traminer ist eine der ältesten Rebsorten Europas, ja wahrscheinlich sogar eine der europäischen Urreben. Davon gibt es mehrere Grundtypen: Roter Traminer, Gewürztraminer und eben den weißen Traminer, der auch als Savagnin bekannt ist. Ihren Ursprung fand die Rebsorte im Jura und bis heute ist sie die wichtigste Traube der Region. Auch für Didier Grappe, der natürlich in einer seiner wichtigsten Lagen Savagnin anbaut. Longefin ist eine nach Nord-Osten ausgerichtete, ehemalige Kuhweide - kein Scherz - die sich mit den zunehmend heißen Jahren als immer wertvoller erweist.

Eine spannende Nase, die von grünem Apfel, Grapefruit, Kardamom, Heublumen und weißem Pfeffer erzählt. Dahinter ein Schleier von Geräuchertem, der sich im Mund auflöst und mehr in die vegetabile Richtung von Tomatenblättern, Kräuterwürze und etwas Bittermandel schwingt. Straff saftig, mit feiner Säure, nicht zu viel, nicht zu wenig. Kernig in der Textur und schön naturig, etwas malzig-brotig hinten raus, aber ohne ins Unangenehme abzudriften. Alles in allem aber sehr stimmig, animierend und komplex. [AS 09/2023]