kernig + mineralisch

Die Parzellen von Julien Renard sind in mehreren Lagen rund um Winningen verteilt, an der Spitze der Qualitätspyramide steht der Göttchesberg (Gött'che), rund um den Röttgen - Julien Renards Flaggschiff. Die Böden sind im Vergleich zum Le Ch'ti etwas fetter, die Reben älter (die ältesten Riesling-Reben des Weinguts) und in klassischer Einzelpfahlerziehung bewirtschaftet. Neben Schiefer gibt es in dieser Parzelle auch viel Sand und Kiesel, extrem magere Böden also. Wie der Le Ch'ti wird der Gött'che für 20 Monate in gebrauchten Barriques sowie in Stahltanks auf der Vollhefe ausgebaut, in der Stilistik aber ganz anders.

Nur in der zarten Hefetrübung im Glas ähneln sich die beiden Lagenweine. Und darin, dass beide ohne Filtration und lediglich mit minimaler oder ganz ohne Schwefelgabe abgefüllt werden. Der Gött'che ist viel lauter, expressiver, reduktiver und ätherischer im Glas. Am Gaumen wieder diese Kräutrigkeit und gleichzeitig hat er eine gelbruchtige Exotik, gepaart mit zitrischer Frucht von Orangenschale, Limette, Kumquat und Zitrone, etwas Ingwer, etwas Feuerstein und eine Prise Salz. Irgendwie erinnert das an den Herbst - an Blätter, die sich nach und nach orange verfärben. Eine ganz eigene Stilistik, typisch Renard, zupackend, vibrierend, mit tiefer Kräuterwürze, festem Griff und zarter Phenolik. Wahnsinn, dass das nur 10,5% Alkohol hat. Ein großer Riesling, der an langes Leben vor sich hat. Bitte unbedingt noch in den Keller legen. [AS 10/2023]

Auch wenn sein Lagenwein den Namen Le Ch'ti trägt, ist das nicht der Name der Lage, sondern der einer steilen Parzelle rund um den Uhlen, geprägt von kalkhaltigem grauen Schiefer. Ausgebaut wird er teils in gebrauchten Holzfässern sowie im Stahltank. Eigentlich wie die restlichen Weine von Julien Renard. Der Le Ch'ti reift allerdings 20 Monate auf der Vollhefe, wo er bis kurz vor der Füllung verbleibt. Das verleiht ihm einen ganz besonderen Charakter, die ans Jura erinnert.

2021 war ein recht kaltes Jahr an der Terrassenmosel, perfekt für Riesling und der Le Ch'ti ist der perfekte Ausdruck dieses Jahrs. Kühl, fast schon abweisend präsentiert er sich in der Nase. Frucht findet man kaum, vielleicht etwas Zitrone, Grapefruit und grünen Apfel. Viel dominanter - falls man bei diesem Wein überhaupt von dominant sprechen kann - ist sein beachtlicher Kräuteranteil mit viel Minze und Eukalyptus sowie der leicht florale Einschlag und die Kamillennote. Am Gaumen kristallklar, straight, kernig, engmaschig, super slim und extrem puristisch. Karg und knochentrocken, wie man die Weine von Julien kennt, aber mit zartem Hefetouch und mit schon jetzt wohl integrierter Säure. Er hinterlässt ein mentholfrisches Mundgefühl, dem man minutenlang nachschmecken kann. Noch zeigt er sich recht kompakt, hat aber bereits tiefe Spannung. Spannend werden auch die nächsten Jahre mit diesem Wein, wenn er sich auf die Reise macht. Wir sind gespannt! [AS 10/2023]

Der Welschriesling Pro ist ein neuer Wein von Johannes Gross, der mit seinem gesamten Sortiment immer ernsthafter und charakterstärker wird. Das Pro steht dabei für progressiv, denn gerade die heimische Rebsorte Welschriesling wird meist eher als einfacher Schankwein und sommerlicher Spritzwein gesehen, bisher auch von Johannes. Jetzt soll diese spannende Rebsorte aber ins richtige Licht gerückt werden, daher wird mit weniger Ertrage gearbeitet, etwas reifer gelesen und spontan im gebrauchten Holzfass vergoren und auf der Vollhefe ausgebaut. Das ergibt einen erwachsenen und kernigen »Wölsch«, mit Saftigkeit, aber auch Kraft, mit kantiger Struktur und viel Frische, wenig Frucht, etwas grüne Kräuteraromen und zu Beginn auch eine Spur Holz, eng verwoben und genau das, wozu die Sorte fähig ist! [CB Jg 2019]