Die im Schnitt 25-30 Jahre alten Weißburgunderreben für den Lügle wachsen auf Jurakalk mit einer soliden Lössauflage. Wie bei allen Weinen der Familie Ziereisen werden auch hier die Beeren sorgfältig in mehreren Durchläufen händisch selektiert bevor sie in die Korbpresse wandern und der daraus gewonnene Most spontan zu gären beginnt. Danach beginnt die Reifung - und Zeit und Geduld sind zwei Dinge, die bei Ziereisens einen sehr hohen Stellenwert haben. Der Lügle darf sich je nach Jahrgang 18-22 Monate auf der Feinhefe in großen, gebrauchten Holzfässern entwickeln und um die dadurch entstandene aromatische Perfektion möglichst komplett zu erhalten wird auf Filtration und Schönung verzichtet und Schwefel nur in ganz geringem Maße zur Stabilisation eingesetzt. In der Nase eine sofort wahrnehmbare Dichte aus Fruchtaromen von Birne und heller Grapefruit, duftenden Mandeln und hefigen Autolysenoten, die von einer angenehm kühlen und klaren Kalkaromatik flankiert wird und sich dadurch keinesfalls auf eine opulente Art aufdrängt, sondern sich vielmehr als elegant und kraftvoll präsentiert. Am Gaumen dann ein ähnliches Spiel: Wieder die Birne, die helle Zitrusfrucht, auch ein ganz wohlig, gut akzentuierter Touch Vanille lässt sich erkennen. Cremigkeit? Ja, definitiv - so ein 20-montiges Hefelager macht ja was mit einem Pinot. Ölig? Kein bisschen! Die sorgfältige, nachhaltige und zeitintensive Weinbergsarbeit macht sich absolut bezahlt, wenn man dank tiefwurzelndem, perfekt gereiftem und kerngesundem Lesematerial so viel Frische und Mineralität in seine Weine bringt, wie Hanspeter Ziereisen das macht. Der Lügle hat so viel elegante Kalknoten und dazu eine mundwässernde Salzigkeit, dass das in Kombination mit der cremigen Dichte wirklich großes Weißburgunderkino (zum Studententarif) ist. [LA Jg. 2020]