Bio-dynamischer Weinbau

Diese Sonderform des biologisch-organischen Weinbaus geht auf den österreichischen Anthroposophen Rudolf Steiner (1861-1925) zurück. Grundlage des biologisch-dynamischer Landbaus ist es, aus dem „Kreislaufgedanken“ heraus den landwirtschaftlichen Betrieb als Organismus zu sehen. Von außen sollen möglichst wenig Betriebsmittel in den Betrieb gelangen bzw. die, die nötig sind, sollen so weit eingearbeitet werden, dass sie betriebsspezifisch werden. Dieses Konzept weist Ähnlichkeiten zu dem der Homöopathie im Bereich der Medizin auf (die dort ähnlich umstritten ist), die dem Körper keine direkte Hilfe, sondern Hilfe zur Selbsthilfe geben will. Der Boden ist mit Kompost zu revitalisieren und mit Mineralien zu behandeln, damit er wieder zum Lebensraum vielfältiger Mikroorganismen wird und sich ein natürliches Gleichgewicht einstellt. Eine wichtige Rolle als Düngemittel spielt dabei das Horn von Rindern, das in Verbindung mit anderen Stoffen wie Kuhdung oder Quarzstaub in homöopathischen Dosen (nur mehrere Gramm je Hektar) verwendet wird. Aufgüsse von Kräutern sind ebenfalls sehr positiv für die Rebe. Brennnesseln sorgen für Ausgewogenheit und Harmonie im Weingarten. Dabei sind immer kosmische Kräfte wie die Mondphasen und auch andere Gestirns-Konstellationen zu berücksichtigen. Speziell jene des Mondes beeinflussen gemäß Biodynamik-Lehre maßgeblich die Entwicklung der irdischen Pflanzen. Zitat Claude Bourgognion (renommierter franz. Mikrobiologe, untersuchte unter anderem viele Böden in der Burgund): „Ich kann Ihnen nicht erklären, wie Biodynamik wirkt, ich kann nur durch das steigende Bodenleben in Zahlen belegen, daß sie wirkt.“ Als absoluter Guru und Pionier des biodynamischen Weinbaus gilt der französische Loire-Winzer Nicolas Joly mit seinem Weingut Château de la Roche-aux-Moines. Dieser bekam durch Zufall die Schriften Steiners zu lesen und stellte ab Mitte der 1980er-Jahre seinen Betrieb konsequent um. Joly bemerkt zum biodynamischen System: „Das Paradox der modernen Landwirtschaftslehre, der Wissenschaft im Allgemeinen, besteht darin, dass man zwar sehr viel weiß, aber kaum verstanden hat, wie das alles miteinander zusammenhängt“. Die Wissenschaft ist bemüht aber Fakten nachzuliefern, das Darmstädter Institut für Biologisch-Dynamische Forschung berichtet, dass die Artenvielfalt, die Menge von Mikroorganismen und der Humusgehalt der bewirtschafteten Böden schon nach einigen Jahren biologisch-dynamischen Anbaus signifikant ansteigt. Forschungsarbeiten des Schweizer Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FIBL) über mehr als 20 Jahre belegen, dass im Vergleich zu konventioneller und organisch-biologischer Landwirtschaft in der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise durch den Einsatz der Biologisch-Dynamischen Präparate die Fruchtbarkeit des Bodens erhöht werden konnte.
Bekannte Biodynamik-Weingüter sind Chapoutier (Rhône), Dirler-Cadé (Elsass), Domaine Gauby (Roussillon), Domaine Leroy (Burgund), Domaine de la Romanée-Conti (Burgund), Ellwanger Jürgen (Württemberg), Fetzer (Kalifornien), Nikolaihof (Wachau), Weninger (Mittelburgenland) und Wittmann (Rheinhessen). Mittlerweile orientieren sich immer mehr Winzer an dem biodynamischen Grundsätzen, u.a. Gernot Heinrich (Neusiedlersee), Fred Loimer (Kamptal).

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